Was steckt hinter der Werbung zu Biotin?
Von einigen Herstellern wird Biotin “Vitamin H” genannt, um damit die Bedeutung für Haut und Haare hervorzuheben. Dies war der frühere Name, als das Vitamin und seine Wirkung auf die Haut 1898 entdeckt wurden. Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln werben bis heutemit Slogans wie: “Für gesundes Wachstum von festen Nägeln, Haaren und Haut”.
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat dazu auch zwei gesundheitsbezogene Werbeaussagen als bewiesen bewertet: “Biotin trägt zur Erhaltung normaler Haut bei” und “Biotin trägt zur Erhaltung normaler Haare bei”. Diese wurden von der EU mit der Verordnung (EU) 432/2012 zugelassen.
Trotzdem werden “Schönheitspillen für Haut, Haare und Nägel” angeboten, die sich auf diese Health Claims beziehen, doch manchmal im Wortlaut verändert werden. So wird zum Beispiel mit “Für schönes, gesundes und kräftiges Haar” geworben.
Im Gegensatz zu Haut und Haaren ist eine Aussage zur Wirkung von Biotin auf die Nägel nicht zugelassen. Ältere veterinärmedizinische Untersuchungen zeigten zwar, dass Biotin zur Härtung der Hufe bei Nutztieren führte. Darum wurde es auch versuchsweise zur Behandlung von brüchigen oder splitternden Nägeln sowie sprödem und ausfallendem Haar bei Menschen getestet. Nach hohen Biotin-Gaben (2,5 mg /Tag) nahm die Nageldicke zu, auch die Nageloberfläche verbesserte sich. Doch bis heute fehlen klinische Studien, die die Wirkung beim Menschen wissenschaftlich beweisen.
Die EU hat deshalb keine werbenden Angaben zu Biotin und Nägeln zugelassen. Doch viele Nahrungsergänzungsmittel werden kombiniert mit Zink oder Selen, aber auch mit Kieselerde angeboten. Für Zink und Selen ist eine Aussage zu „normalen“ Nägeln erlaubt und somit auch die Werbung auf dem Produkt zugelassen, sie muss sich aber auf diese Nährstoffe beziehen.
Dass gesundheitsbezogene Aussagen zu Biotin erlaubt sind, bedeutet jedoch nicht, dass Biotin-Präparate eine sinnvolle Ergänzung des Speiseplans wären. Die EFSA weist nämlich darauf hin, dass die Biotin-Aufnahme in der Bevölkerung ausreichend ist. Somit ist von einer zusätzlichen Aufnahme keine weitere Wirkung auf Haut oder Haare zu erwarten.
Anders sieht es aus, wenn Biotin als Arzneimittel verkauft wird. Für die hochdosierten Arzneimittel muss eine Wirkung belegt sein. Die mit 5 Milligramm (mg) oder 10 mg dosierten Pillen helfen bei einem klinisch nachgewiesenen Biotin-Mangel oder bei einer erblich bedingten Stoffwechselerkrankung (multipler Carboxylasemangel).
Die Europäische Union hat nach Bewertung durch die EFSA weitere gesundheitsbezogene Angaben zugelassen, da Biotin an vielen Stoffwechselprozessen beteiligt ist:
- trägt zur Erhaltung normaler Schleimhäute bei
- trägt zu einer normalen Funktion des Nervensystems bei
- trägt zur normalen psychischen Funktion bei
- trägt zu einem normalen Stoffwechsel von Makronährstoffen bei
- trägt zu einem normalen Energiestoffwechsel bei
Biotin ist daher auch Bestandteil von Nahrungsergänzungsmitteln, die für die Darmgesundheit, die Stärkung des Immunsystems oder eine ausgleichende Wirkung auf das Nervensystem werben.
Auf was sollte ich bei der Verwendung von Biotin-Produkten achten?
Bisher sind keine negativen gesundheitlichen Folgen einer erhöhten Biotin-Zufuhr (bis zu 20 mg/Tag) bekannt, weder über die Nahrung noch durch hochdosierte Arzneimittel. Eine festgelegte Obergrenze für die Einnahme von Biotin gibt es deshalb nicht. Trotzdem sei laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) daraus nicht zu schlussfolgern, dass diese Stoffe kein Potential für unerwünschte Effekte haben. Es empfiehlt, dass biotinhaltigen Nahrungsergänzungsmitteln grundsätzlich einen Hinweis tragen sollten, der besagt, dass Personen, die sich einem Labortest unterziehen müssen, das Laborpersonal darüber informieren sollten, dass sie Biotin einnehmen oder kürzlich eingenommen haben.