Von einem Vietnamesen in Deutschland bekamen wir ein paar Stecklinge geschenkt mit dem Hinweis „Gesund und lecker, aber der Geschmack ist gewöhnungsbedürftig“. Naja, gewöhnungsbedürftig finde ich den Geschmack eigentlich nicht, seitdem ich weiß, womit ich ihn vergleichen kann. Der Geschmack und Duft liegt irgendwo zwischen Rettich und Kohlrabi, was man natürlich nicht an einer Rankpflanze vermutet. Es schmeckt darüber hinaus leicht bitter, aber sehr angenehm. Das typische Aroma kommt von schwefelhaltigen Verbindungen, die auch bei der Eiweißverdauung helfen, deshalb wird es wohl auch so viel mit proteinreichen Speisen zusammen verwendet. Wichtig zu wissen: Lá Mơ lông ist als Pflanze erst absolut geruchlos! Der Duft entfaltet sich erst beim Zerschneiden der Blätter.
Inzwischen haben wir die Stecklinge dank ihrer enormen Wuchsfreudigkeit gut vermehren können. Dabei ist Paederia lanuginosa auch eine echt schöne, rankende Zierpflanze mit unterseits rotem, grün geadertem, fein behaartem Laub. Die Pflanze kommt aus der Familie der Rötegewächse (Rubiaceae).
Darüber hinaus ist Lá Mơ lông in Vietnam eine sehr geschätzte Würz-, Heil- und Gemüsepflanze. Verwendet werden immer jüngere Blätter. Sie werden roh in feine Streifen geschnitten über Gerichte gestreut oder mit gedünstet. Auch trocknen kann man sie, wobei überraschenderweise ein großer Teil des ungewöhnlichen Aromas erhalten bleibt.
Hier ein paar einfache vietnamesische Rezepte:
„Ran voi trung ga“: Blätter in dünne Streifen schneiden, mit Ei verquirlen, salzen und mit Zwiebeln braten.
„Thái chỉ và giã với đậu phụ cho thêm gia vị vừa ăn rồi chiên lên“: Blätter in dünnne Streifen schneiden, mit zerdrücktem Tofu mischen, salzen und mit Zwiebeln braten.
„Vò nát nấu canh“: Blätter waschen, ausdrücken, in Suppenbrühe geben, salzen, 2 Minuten kochen und mit Reis essen.
Paederia lanuginosa ist nicht nur ein beliebtes Gewürz; es wird zusammen mit anderen Kräutern auch als Salatbeilage für viele Fleisch- und Fischarten roh gegessen.
Medizinisch wird das Kraut in Vietnam verwendet gegen Arthritis, zur Entgiftung, bei Magen-Darm-Krankheiten wie Ruhr, Durchfall und verstimmtem Magen. Blattabkochungen gibt man auch bei Nierensteinen, Harnverhalt und Rheuma. Es ist ein Antiseptikum, wirkt leberkühlend, gegen Völlegefühl und soll sogar bei Hepatitis B und C wirken. Lá Mơ lông wird auf den Märkten von Hanoi neben Basilikum, Perilla und anderen Kräutern als eines der wichtigsten Frischkräuter gehandelt. In Vietnam wird Lá Mơ lông auch oft als Hecke und als nützliches Kraut auf der Gartenterrasse gepflanzt.
Diese tropische Rankpflanze wächst sehr schnell, für eine gute Ernte sollte die Pflanze daher immer gut nachgedüngt werden, dadurch bleiben die Blätter zarter. Von Zeit zu Zeit kann man sie auch sehr tief zurückschneiden, um wieder junge, zarte Austriebe zu bekommen. Blätter und zarte Triebspitzen lassen sich ganzjährig ernten. Ältere Pflanzen erfreuen uns im Sommer mit schönen rosa Blüten. Als robuste Pflanze kann sie im Sommer auch als Kübelpflanze draußen stehen, im Herbst muß sie dann aber rein ins Haus.
Beschreibung und Rezept in WELTKRÄUTERKÜCHE (Buch)
DANIELS TIPP: Kräuterfrischkäse „Interstellar“
Diese spontane Kreation anlässlich des Kräutertages 2014 brachte überraschenderweise das geniale Aroma von La Mo Long in sympatischster Form zum Ausdruck. Auch wenn weniger interstellar orientierte Mitarbeiter kleingeschnittenen Harzer Käse in diesem Brotaufstrich vermuteten – lassen Sie sich bitte nicht abschrecken, es schmeckt wirklich lecker:
Ein paar Blätter von La Mo Long, chinesischem Gewürzstrauch, Basilikum Zanzibar und Rosenmelisse fein schneiden und sofort mit 40%igem Quark und Salz vermischen. Als Aufstrich für Kräcker oder auf Brot verwenden.